Abstract
In der sensiblen Phase des Berufseinstiegs werden in Österreich Lehrpersonen im Sinne eines bedürfnisorientierten Mentorings auf Augenhöhe begleitet (Dammerer et al., 2020). Obwohl es zu einer Aufhebung hierarchischer Strukturen kommt, ist die reziproke Beziehung zwischen Mentor*in und Mentee asymmetrisch, denn sie resultiert in einem Gutachten. Dieses Gutachten zielt darauf ab, wahrnehmbar zu machen, wie sich die Lehrperson entwickelt. Es stellt sich in diesem Zusammenhang jedoch die Frage, wie sich das Verständnis der Mentoring-Partnerschaft mit einer Bewertung in Form eines Gutachtens vereinbaren lässt und inwiefern Lehrer*innenarbeit und Lehrer*innenkompetenz im Berufseinstieg durch ein Gutachten bewertbar gemacht werden können.
Im vorliegenden Beitrag wird zur Asymmetrie der Mentoring-Beziehung Stellung bezogen und die Rolle und Bedeutsamkeit des Gutachtens für Vertragslehrpersonen in der Induktionsphase diskutiert. Modelle der Professionalisierungsforschung wie auch die Anwendung des Gutachtens in der Praxis deuten darauf hin, dass das Gutachten nicht im Widerspruch zu gelingendem Mentoring steht, sondern im Gegenteil notwendiger Referenzrahmen und ressourcenorientierte Orientierungshilfe sein kann. Die im Beitrag zusammengefasste Studie ergibt Implikationen für den Einsatz eines Gutachtens in der Praxis und das Rollenverständnis von Mentor*innen, die sich den aus diesem Spannungsfeld resultierenden Entwicklungsaufgaben stellen müssen.
Die empirischen Befunde der vorliegenden Untersuchung zeigen deutlich, dass das Gutachten nicht nur eine Beurteilung darstellt, sondern in seinem Nutzen über diese Funktion hinausgeht, da es der ressourcenorientierten Dokumentation von Entwicklungsprozessen dient. Der nachfolgende Beitrag veranschaulicht die Anwendung des Gutachtens exemplarisch an ausgewählten Begutachtungsschwerpunkten.
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