Abstract
Internationale Vergleichsstudien haben ein gemeinsames und vorrangiges Ziel, nämlich die Kompetenzen bzw. Leistungen von Schülerinnen und Schülern in ausgewählten Domänen und auf unterschiedlichen Schulstufen aus den Teilnehmerländern miteinander zu vergleichen, um etwa den einzelnen Bildungssystemen Rückmeldungen über die jeweilige Performance zu geben und potentielle Verbesserungen aufzuzeigen bzw. anzuregen.
Gleiches gilt an sich für die nationalen Bildungsstandards, die im Sinne eines System-Monitorings die Leistungen der Schülerinnen und Schüler innerhalb Österreichs überprüfen und z.T. auch den Anspruch erheben, für mehr Bildungsgerechtigkeit und Vergleichbarkeit zu sorgen, zumindest was die teilzentrale Reife- und Diplomprüfung betrifft.
Diese Testungen haben z.B. eine Reihe von Defiziten des österreichischen Schulsystems zu Tage gefördert, die bereits Ansatzpunkt für notwendige bildungspolitische Maßnahmen waren, sind und noch weiter sein werden. Die Grenzen dieser Testungen liegen – neben testtheoretischen Limitationen – besonders dort, wo sie den Anspruch erheben, Bildung oder den „Erfolg“ eines Schulsystems (was auch immer das ist) insgesamt zu messen, denn diesen lösen sie nicht ein, da nur ein sehr schmaler Ausschnitt dessen getestet wird, was allgemein als Bildung bezeichnet wird bzw. zumindest dessen, was an unseren Schulen in den einzelnen Fächern unterrichtet wird und auch werden soll. Die große Gefahr besteht deshalb u.a. in einer (bewussten oder unbewussten) Fehlinterpretation der Daten und in entsprechenden (unangemessenen oder überzogenen) bildungspolitischen Entscheidungen.
Ein großes Problem ist – neben anderen – auch das bekannte Phänomen „Teaching to the test“; dass also besonders das im Unterricht favorisiert wird, was getestet wird, und dass jene Gegenstände oder Lernbereiche mehr oder weniger „ausgeblendet“ oder zumindest vernachlässigt werden, die nicht testrelevant sind. Es kann also dazu kommen, dass der Unterricht an den Schulen besonders jene Kompetenzen in den Blick nimmt, die überprüft werden, was in weiterer Folge einerseits zu einem ziemlich „schmalspurigen“ Verständnis von Bildung führen könnte, und andererseits dazu, dass viele wertvolle Domänen des Lehrplans einfach „links liegen gelassen“ werden. Bildung in ihrer ganzen Breite standardisieren oder gar messen zu wollen, scheint ohnehin ein unerfüllbares, illusionäres Wunschdenken zu sein.
Die vorliegende Arbeit versucht, nationalen und internationalen Schulleistungstests auf die Spur zu kommen und ihre Möglichkeiten und Grenzen auszuloten. Dabei wird zunächst deren historische Entwicklung kurz beleuchtet, um in einem weiteren Schritt die Vor- und Nachteile, aber auch mögliche Gefahren, die von Testungen wie PISA, TIMSS, PIRLS, Bildungsstandards, „Zentralmatura“ & Co ausgehen, zu diskutieren. Außerdem werden mögliche und notwendige Konsequenzen aus den Ergebnissen der Vergleichsstudien abgeleitet, insbesondere für Österreich. Abschließend wird jedoch auch auf die Gefahren der Normierung von Unterricht durch Tests und Leistungsvergleiche hingewiesen und generell dem Versuch, Bildung standardisieren und messen zu wollen, eine Absage erteilt.